„Von unseren Bedingungen träumt mancher Zweitligist!“

Nordkurier, 11.01.2020

Seit dem 1. Januar ist der ehemalige Handball-Bundestrainer Dago Leukefeld Coach bei der Frauenmannschaft des SV Fortuna 50 Neubrandenburg. Die Verpflichtung des 56-Jährigen war aber keineswegs ein Kinderspiel. Bevor der gebürtige Sondershausener seine Unterschrift unter den Vertrag setzen konnte, waren einige Hürden zu überspringen.

Wenn am Samstagabend (18 Uhr) das Handball-Oberligaspiel zwischen dem Berliner TSC und dem SV Fortuna 50 Fortuna Neubrandenburg angepfiffen wird, startet für die Damen vom Tollensesee nicht nur offiziell die Rückrunde, sondern im Grunde genommen auch das erste Spiel für Neu-Trainer Dago Leukefeld. Der frühere Bundestrainer der Frauennationalmannschaft und einiger Bundesligateams übernahm zum 1. Januar das Traineramt bei den Fortuna-Damen, löste somit seinen Vorgänger Torsten Feickert ab, der zusammen mit der Leitung des Vereins keinen gemeinsamen Nenner hinsichtlich der sportlichen Ausrichtung mehr fand.

Die neu geschlossene Ehe zwischen Leukefeld und Fortuna wird aber nur wenige Monate dauern, zum Ende der Saison ist schon wieder Schluss. Denn dass es überhaupt zu einer Zusammenarbeit zwischen dem 56-Jährigen und den Neubrandenburgern kam, war schwierig genug. Als der erste Anruf von Fortuna-Präsident Michael Schröder mit der Nachfrage kam, ob Leukefeld sich vorstellen könnte, für einige Zeit das Amt des Frauentrainers zu übernehmen, war dessen erster Gedanke: „Nein, das bekomme ich nicht hin.“ Und das hatte auch triftige Gründe. Denn Leukefeld badet nicht unbedingt in grenzenloser Freizeit. Seit 2013 führt er eine Handballschule, richtet zusätzlich Handball-Camps und Trainer-Fortbildungen aus – und das europaweit. Egal ob in Österreich, in Portugal, in Spanien oder auch in der Schweiz – Leukefeld ist nicht nur viel beschäftigt, sondern auch viel unterwegs.

Richtige Entwicklung der Spielerinnen war in Gefahr
Zahlreiche Termine und langfristige Verträge ließen ein Engagement in Neubrandenburg im ersten Moment unmöglich erscheinen. Doch Leukefeld ließ der Gedanke „Fortuna“ nicht los, versuchte nun Termine zu verschieben oder abzugeben, um Präsident Michael Schröder letztendlich doch noch die Zusage zu geben. Ein Grund dafür war für Leukefeld die zuletzt „aufgekommene Unruhe im Verein beim Thema Frauen- und Mädchenmannschaften“ und die damit verbundene „Gefahr der richtigen Entwicklung der Spielerinnen“. Hinzu kam noch, „dass ich hier in den zurückliegenden Jahren ja so einige Spielerinnen weggeholt habe und nun einfach was zurückgeben will“. Und das tut der gebürtige Sondershausener nun schon seit einigen Tagen.

Die ersten Trainingseinheiten, ein kurzes Trainingslager sowie einige Einzelgespräche liegen mittlerweile hinter ihm. Er freut sich auf die Zusammenarbeit mit „dieser jungen und vor allem entwicklungsfähigen Mannschaft“, sieht das Fortuna-Team „mittelfristig in Liga drei und langfristig sogar in der Zweiten Liga“. Es müssen derartige Ziele gesteckt werden, findet Leukefeld, „wo ist sonst der Anreiz für die Mädels, wenn man bis zu acht Mal in der Woche trainiert und dann spielt man nur in der vierten Liga“? Auch die Bedingungen seien in Neubrandenburg derart perfekt, „dass manch Zweitligist darauf sicherlich neidisch wäre“.

Leukefeld schwärmt vor allem vom Vorstand und dem Fortuna-Umfeld, „die alle mit viel Herzblut dabei sind. Die Strukturen in der sportlichen Leitung sind schon sehr professionell, da müssen wir in den kommenden Jahren sportlich nachziehen.“ Anfangen will er damit am liebsten schon am Samstagabend im Auswärtsspiel beim Berliner TSC. Persönlich wird Leukefeld aber in der Hauptstadt nicht dabei sein können. „Ich habe ein großes Handballcamp in Chemnitz, was schon länger im Terminplan steht.“ Länger zumindest als seine Unterschrift unter dem Trainervertrag bei Fortuna. „Wir haben mit Tini Osterland und Caro Hauschildt aber zwei erfahrene Akteurinnen an der Seitenlinie, die ihre Sache sicherlich gut machen werden“.

Ein Sieg in Berlin sei das klare Ziel von Leukefeld, der mit seinen Damen noch einiges vor hat. Auch wenn die Zeit dafür sehr kurz ist, schon Ende April endet Leukefelds Engagement bei Fortuna. Eine Verlängerung des Vertrages ist ausgeschlossen, denn dann warten für Dago Leukefeld wieder die altgewohnten Termine – Handballschule, Trainerfortbildungen und Handballcamps in ganz Europa.